„Der berühmte Herr Leibniz"
Am 14. November 1716 starb in Hannover der große Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz. Zum 300ten Todestag hat der Beck-Verlag nun in diesem Jahr eine überarbeitete Neuauflage der Biografie „Der berühmte Herr Leibniz“, geschrieben von Eike Christian Hirsch, herausgebracht. Hirsch – nach dem Studium der Theologie und Philosophie jahrzehntelang Redakteur im Hörfunk des NDR – gelingt es auf äußerst kurzweilige Art im Erzählton den Leser am Leben dieses herausragenden Philosophen, Mathematikers, Wissenschaftlers und Politikers teilhaben zu lassen.
So wandelt der Leser in den Herrenhäuser Gärten und lauscht den Gesprächen, die Leibniz mit der hannoverschen Kurfürstin Sophie, seiner Gönnerin, oder mit der preußischen Königin Sophie Charlotte am Berliner Hof führt. Erfährt von seinen Reformplänen für Russland, die er Zar Peter unterbreitet und wie er Verbindungen nach China knüpft.
Der Leser erlebt wie dieser geniale Denker um die Durchsetzung seiner Projekte – sei es, der Aufbau einer „Sozietät der Wissenschaften“ für Berlin, Dresden, Wien und Russland oder die Entwicklung seiner Rechenmaschine – ringen muss, erlebt wie Machtintrigen vorherrschen, Mittel verweigert werden und das „Allgemeine Beste“, der Machtpolitik geopfert wird.
So notiert Leibniz einmal auf einem Zettel: „Ich musste selbst mit lachen, weil ich bey mir stillschweigend bedachte, wie lächerlich die menschen ratiocinieren (urteilen), und wie sie auf nichtige Externa (Äusserlichkeiten) gehen, die ihnen das gemüth einnehmen und selbst die vernunfft anstecken. (…) und habe ich niemals noch so sichtbarlich gemercket, was bey den Menschen das Vorurteil und das ansehn vermögen.“
Doch getragen von seiner Einsicht, „Man baut oft Häuser, die man noch nicht bewohnen, und pflanzt Bäume, deren Früchte man noch nicht verzehren kann.“, ließ sich Leibniz von seinen Niederlagen nicht erschüttern und trotz fortschreitender gesundheitlicher Probleme nicht von seinen Konzepten abbringen. Getreu seinem persönlichen Sinnspruch: „Pars vitae, quoties perditur hora, perit.“ (Ein Stück des Lebens ist verloren, sobald eine Stunde vergeudet ist.)
Und so ergeht es dem Leser dank der Zeitmaschine, die ihn 300 Jahre zurückführte, am 14. November 1716, dem Sterbetag Gottfried Wilhelm Leibniz, wie dem Autor: „je näher ich ihm kam, desto mehr mochte ich diesen Mann, und ich fand seine Schwächen nicht mehr störend und seine Niederlagen nicht mehr peinlich. So bin ich ihm selbst begegnet, auch wenn es schwer ist, ihn zu verstehen, denn Leibniz hat wohl nie einen anderen in sein Herz blicken lassen. Zugleich glaubte ich, seine Größe immer besser erkennen zu können. Für mich wurde er zu einem Visionär der Wahrheit.“
Leibniz Konzept und Überzeugung von „der besten aller Welten“, die Gott geschaffen habe, hat über die Jahrhunderte viel Spott und Widerspruch herausgefordert, umso mehr scheint der heutige Zustand der Welt seinen Gegnern Recht zu geben, aber vielleicht liegt hierin eigentlich nur die Aufforderung und Herausforderung, sich erneut mit Gottfried Wilhelm Leibniz zu beschäftigen.