Thomas Klie: „Wen kümmern die Alten?"
Prof. Dr. Thomas Klie, Dozent an der Evangelischen Hochschule Freiburg, legt in seiner jüngsten Publikation eine Auseinandersetzung mit dem Thema Altenpflege und -versorgung in Deutschland vor. Er setzt sich kritisch mit gefestigten Bildern vom Alter, von Demenz und Pflegebedürftigkeit auseinander, problematisiert Aspekte wie Patientenverfügung, Beschäftigung illegaler Pflegekräfte aus Osteuropa, Sterbehilfedebatte und diskutiert Reformen im Bereich Pflege und Versorgung.
Am Anfang steht das Umdenken: „Wir alle können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich die Altersbilder in der Gesellschaft ändern und wir differenzierter über das Älterwerden und das Altsein miteinander im Gespräch sind.“ (S. 10)
Dazu gehöre die Anerkennung eines aktiven und produktiven Alters auf der einen Seite und Akzeptanz von Verletzlichkeit auf der anderen Seite. In einer Gesellschaft, in der bereits im Jahr 2060 42,5 % der Bevölkerung 60 Jahre und älter sein wird (vgl. Ulrich Wiesmann u. a.: Alter[n] hat Zukunft. Hamburg 2013, S. 12), ist ein Umdenken unbedingt notwendig. Klie plädiert für eine „Kultur der gegenseitigen Sorge“ (S. 27). Anteilnahme und Engagement sieht er als Entwicklungsaufgaben der Menschheit; die Themen Sorge und Pflege dürfen nicht allein an die Medizin und an Pflegeheime delegiert werden.
Er spricht davon, dass „alte und neue Formen der Solidarität“ (S. 63-64) erforderlich sind und stellt verschiedene innovative Konzepte vor, die bereits erfolgreich umgesetzt sind (hierunter Wohngemeinschaften, Bürgergenossenschaften und Wohngruppen für Menschen mit Demenz) und die er für zukunftsfähig hält. Klie entlarvt die Diskussion über Lebensqualität und die Versuche, sie zu messen als „Ablenkungsmanöver von elementaren Fragen der Menschenrechte“ (S. 233) und spricht sich für die „Investition in ein Quartiersmanagement“ aus, „das soziale Netzwerke schafft, das gegenseitige Unterstützung organisiert, das bürgerschaftliches Engagement stimuliert […].“ Dies fördere „nicht nur die soziale Integration, es fördert auch die Gesundheit, und es spart nachweislich Versorgungskosten.“ (S. 234)
Klie setzt auf ein Zusammenspiel aus familiärer Einbindung, Nachbarschaftshilfe, Stärkung kommunaler Verantwortlichkeit sowie Reformen im Bereich der staatlichen Unterstützung.
Es lohnt sich allemal, sich mit den vielfältigen Aspekten auseinanderzusetzen, die Klie hier in seinem neuen Buch thematisiert.
Klie, Thomas: Wen kümmern die Alten? Auf dem Weg in eine sorgende Gesellschaft. München: Pattloch 2014.