„Ohne Mauern schwebt die Schwalbe"

„Ohne Mauern schwebt die Schwalbe“ (Fuad Rifka)
– Dr. Buhmann-Stiftung und Convivio mundi e.V. -
Kulturfest 2015


Plakat zur Veranstaltung
Plakat zur Veranstaltung

Seit einer Woche gehe ich jeden Tag in der Mittagspause an einem kleinen Plakat vorbei mit der Aufschrift: Keine Zukunft ohne Kunst". Mit Blick auf eine Reihe von Bildern, zu denen ich keinerlei Zugang finde, blieb dieser Satz bisher einfach nur - ein Satz.

Doch am Mittwochabend haben diese vier Worte für mich ihre tiefe Wahrheit zurückerlangt. Die Musik und die Gedichte, die auf dem gemeinsamen Kulturfest von Dr. Buhmann-Stiftung und Convivio mundi e.V. am 14. Oktober vorgetragen wurden, haben mir gezeigt: Die Kunst ist einer der besten Wege, um zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen wenigstens ein grundlegendes Verständnis und vielleicht sogar Vertrauen aufzubauen.

Ein kurzer Blick auf die aktuellen Probleme in Deutschland und Europa, in der Türkei, in Israel und in Korea zeigt, dass dies heute so nötig ist wie seit vielen Jahren nicht mehr.

Momente der Veranstaltung

Zu den Bildern


Frau Müller De Paoli wies in ihrer Begrüßung darauf hin, dass schon zwei Jahre seit dem tragischen Bootsunglück vor Lampedusa vergangen sind, das zum ersten mal die Aufmerksamkeit der Medien auf die Flüchtlinge im Mittelmeerraum lenkte. Wie wenig in dieser Zeit getan wurde, um den Menschen zu helfen, die sich auf der Flucht befinden, wirft ein trauriges Licht auf den Zustand der menschlichen Gesellschaft unserer Tage.

Wären da nicht die Künstler !!!

Zum einen die Musiker, die uns ganz ohne Worte die Gefühlswelt der Menschen anderer Länder näher bringen. Sie helfen uns damit, nicht nur zu wissen, sondern auch zu fühlen, das wir – mit den Worten von Mahmud Darwisch gesprochen – "... Menschen sind, wie ihr."
Robert Kusiolek, Elena Chekanova, Noushin Merikhi und Omid Bahadori gaben mit der hohen Qualität ihres Könnens der Veranstaltung einen geradezu festlichen Rahmen.
Robert Kusiolek am Bandoneon und Akkordeon, Elena Chekanova am Klavier eröffneten den Abend mit einem Werk von Erik Satie (1866 – 1925), welches dem Zuhörer schon eine Vorahnung der Klangvarianten der beiden Instrumente gab, zusätzlich zu den Klopf- sowie elektronischen Geräuschen. Aber bereits beim 2. Werk ihrer Interpretation von dem brasilianischen Komponisten, Hermeto Pascoal (geb. 1936) sah man das Bandoneon „atmen“, zum Klavier „Wind“ machen – ohne Ton – bis es endlich wieder zum eigenen Ton fand in manchmal bizzaren rhythmischen, manchmal elegisch-ausflatternden Melodieteilen. Sehr interessant auch eine Art Phantasie über ein israelisches Lied der israelischen Komponistin Naomi Shemer (1930 – 2004) bei der beide Instrumente in sehr bilderreichem Stil neben ganz leisen, fast ersterbenden Klängen auch zu vollen, orchestralen Klängen aufliefen.
Noushin Merikhi spielte das Santur. Dieses 72-saitige Instrument ist sozusagen die persische Urgroßmutter des bayrischen Hackbretts. Die Musikerin spielte mit ganz leichten filigranen Holzklöppeln, die mit Filz belegt wurden und erzielte einen raumfüllenden Klang. Begleitet wurde sie von Omid Bahadori mit einer persischen Rahmentrommel sowie einer Gitarre. Beide erläuterten, dass sie sowohl traditionelle persische Musik als auch moderne, z.T. auch eigene Werke musizieren. Sie faszinierten das Publikum mit der Klangmischung sowie der rhythmischen Vielfalt.

Und zum anderen die Dichter.

Die Textauswahl brachte Gedichte zusammen, die wohl noch nie in dieser Zusammenstellung erklungen waren. Dem syrisch-libanesischen Dichter Fuad Rifka (1930 – 2011) war schon das Motto der Veranstaltung entlehnt – „Ohne Mauern schwebt die Schwalbe“. Er war mit drei Gedichten vertreten, u. a. „Geplauder“, das viel Schmunzeln bei den Zuhörern hervorrief. Seine Gedichte sowie drei Gedichte von Mahmud Darwisch (1941 – 2008) aus Palästina, die sehr grundsätzliche Fragen aufwerfen, standen neben Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger (1924 – 1942) und Mascha Kaléko (1907 – 1975), beides jüdische Dichterinnen, die eine von Nationalsozialisten im KZ zu Tode gebracht, die andere von denselben aus Deutschland vertrieben. Diese Textzusammenstellung war im wirklichen Sinne atemraubend, was durch die Rezitation dreier Gedichte in arabischer Sprache durch Dr. Hilal Al-Fahad noch verstärkt wurde. Alle Gedichte waren verschiedene Farben und unterschiedliche Lichtstärken desselben Regenbogens – sie redeten von Hass, Fremdheit, Besatzung, Vertreibung und Tod. Erst im zweiten Teil des Abends kamen mildere, sanftere Gedanken zu Zuge, sowohl bei Khalil Gibran (1883 – 1931) in dessen Text „Von der Religion“, als auch bei Rainer Maria Rilke, Erich Fried, Hugo von Hofmannsthal sowie Friedrich Halm und ihrer Auseinandersetzung mit der Liebe. Ein Gedicht des jungen dänischen Lyrikers palästinensischer Abstammung Yahya Hassan (* 1995) „Ferienerinnerungen II“ war sicherlich das jüngste, fast noch druckfrische Werk, das zu Gehör gebracht wurde.
Die teilnehmenden Mitglieder von Convivio mundi e.V und der Dr. Buhmann-Stiftung hatten das große Vergnügen, sich intensiv mit den Gedichten und Texten auseinander zu setzen. Für die Zuhörer waren einige der Texte durchaus eine Herausforderung. Die aufmerksamen Gesichter und der Beifall waren ein schöner Beweis dafür, dass sich die Mühe gelohnt hat. Und zum Glück eröffnen die neuen Medien heute eine einfache Möglichkeit, sich mit den Dichtern und ihrem Werk zu beschäftigen, und ich lade Sie herzlich dazu ein. Ganz im Sinne des Titels der Veranstaltung: "Ohne Mauern schwebt die Schwalbe ..."


Geschrieben von Birgit Brenner und Steffen Brosig
Freitag, 15. Oktober 2015

„Ohne Mauern schwebt die Schwalbe“

– Dr. Buhmann-Stiftung und Convivio mundi e.V. - Kulturfest 2015

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