Nachruf

Jacques Delors
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Christian Lambiotte / European Communities, 1993 / EC - Audiovisual Service

Europa hat einen bedeutenden Europäer verloren, groß in seiner Vision für Europa, groß im Handeln. Jacques Delors verstarb am 27. Dezember im Alter von 98 Jahren in Paris.
Der französische Wirtschaftswissenschaftler und Politiker der Parti socialiste prägte als Präsident der Europäischen Kommission zehn Jahre lang von 1985 bis 1995 entscheidende Schritte zur Realisierung seiner Vorstellung von Europa, der Vision eines föderalen Europas.


Fest verwurzelt in der Philosophie des Personalismus eines Emmanuel Mounier und Jacques Maritains*, einem wichtigen Wegbereiter der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, trieb Delors den europäischen Integrationsprozess mit der Entwicklung des gemeinsamen Binnenmarktes und der Währungsunion, der die Einführung des Euros folgte, gegen alle Widerstände voran.
Im Gegensatz zu vielen Politikern sah Delors in der Wiedervereinigung Deutschlands einen entscheidenden Eckstein für ein zukünftig vereintes Europa.


Jacques Delors, geboren 1925 in Paris, gehörte noch zu der Generation, die die aufgehende Saat des Nationalismus und Rassismus erfahren und die Schrecken des Zweiten Weltkrieges durchleben mussten. Sein „Nie wieder“ war die mutige Gestaltung eines friedvollen, vereinten Europas. Manche Pläne dieses überzeugten Europäers – u.a. der berühmte Delors-Plan zum Aufbau der Infrastruktur von Nord nach Süd und West nach Ost – wurden durch nationale Egoismen zum Schaden Europas, wie die heutige Zerstrittenheit zeigt, ausgebremst.


Für Jacques Delors kam die Vision von einem europäischen Bundesstaat jedoch niemals ins Wanken.



* Convivio mundi widmete u.a. im November 2008, ein Jahr nach der Gründung, auf der Konferenz 60 Jahre Menschenrechte – Und noch nicht am Ziel! einen Konferenzbeitrag dem Denken und der Philosophie Jacques Maritains.

Geschrieben von Renate Müller De Paoli
Freitag, 29. Dezember 2023